Auch ich bin hunderte Male in meinem Leben über meinen Schatten gesprungen. Es ging nie schief. Ich lebe noch. Gesund, munter, voller Tatendrang. Mit Respekt vor dem nächsten Sprung. Der kommt gewiss.
Ich erinnere mich gut. Ich war 10 Jahre alt und gerade Mitglied im Turnverein des TSV Wedding geworden. Eigentlich viel zu alt und viel zu ungelenkig, um noch Bäume ausreißen zu können. Meine etwas jüngeren Vereinskameraden waren nicht nur schon länger dabei, sie hatten auch mehr Talent und den „passenderen“ Körper.
Es gab ein Turnevent in der Berliner Deutschlandhalle
Es gab ein Turn-Event in der Berliner Deutschlandhalle. Ich durfte, besser sollte, mitmachen. Es könnte sein, dass meine in bestimmten Momenten durchschimmernden Eigenschaften, sich um etwas zu drücken oder auf die lange Bank zu schieben, in den Tagen vor dem Event entstanden sind. Was für ein Sprung über den Schatten. Der erste öffentliche Auftritt vor großer Kulisse. Der Tag rückte näher, das mulmige Gefühl und die Anspannung wuchsen. Die Kästen, über die wir springen sollten, wurden immer größer, obgleich sie in den Trainingswochen ihre Höhe nie veränderten.
Es waren wohl die vielen Trainingseinheiten, die Lockerheit und der Spaß am Springen, den unsere Trainer stets vermittelten, die mich schließlich dazu veranlassten, mitzumachen, besser mitzuspringen. Heute bedaure ich, dass es keine Foto- oder Filmaufnahmen gibt. Denn alles klappte reibungslos. Wir, meine Kameraden und ich, waren gut vorbereitet und hatten uns gegenseitig Mut zugesprochen. Wir wussten, allen erging es ähnlich. Es war ein tolles Erlebnis, über die Sprungkästen zu fliegen und wir sind mit Stolz in der Umkleidekabine gesessen.
Weshalb schreibe ich das?
Ich möchte mit einem ganz persönlichen Erlebnis diesen Blog ins Leben rufen. Die Erinnerung an das Turnevent kam mir, als ich über das Bild „Über den Schatten springen“ nachdachte. Mein Gedanke war:
Es sind die vielen kleinen Geschichten, die jeder Mensch hundertfach in seinem Leben mit besonderen Gefühlen erlebt und bewältigt hat: sich das erste Mal am Stuhlbein hochziehen und auf den eigenen Füßen stehen, das erste Mal allein mit dem Bus oder der Bahn fahren, der erste Kuss, das erste Mal 4 Meter tief tauchen, der erste Auftritt auf der Schulaufführung, sich als Schütze im Elfmeterschießen anmelden, usw.
Jede einzelne Situation ist ein Sprung über den Schatten. Jedes Mal bauen sich die inneren Hürden auf und jedes Mal haben sie uns emotional extrem berührt.
Und nicht nur uns selbst, sondern andere, die dabei waren oder aus der Ferne davon gehört haben. Viele diese Momente haben sich in uns fest abgespeichert und berühren uns noch heute.
Schnell hatte ich die Absicht, mit dem Image des Schatten-Bildes aufzuräumen, denn die meisten Menschen verbinden mit dem Bild des über den Schattenspringens Hochriskantes, mitunter Lebensgefährliches, ausschließlich Negatives: Schattenwirtschaft, Schattenmann, Schattenspielertricks und manches mehr. Diese Assoziationen wird es weiterhin geben. Ich möchte weitere, positivere hinzugeben und habe das Bild sogar zum Leitgedanken meiner Arbeit gemacht.
Hier meine drei wichtigsten Hinweise:
1. Jeder Mensch, der springt, verdient Respekt und Ermutigung
Was für den einen ein „leichtes Spiel“, eine „Selbstverständlichkeit“, eine „klare Sache“ ist, ist für andere eine echte innere Hürde. Ich habe häufig erlebt, dass Menschen ausgelacht wurden, weil sie sich zierten oder überwinden mussten oder wie sie bei ihren Kollegen oder Chefs auf Unverständnis stießen, obwohl sie Respekt brauchten.
Einen Schatten zu spüren, über den man springen will oder soll, ist etwas sehr Persönliches und sehr Individuelles. Dementsprechend respektvoll sollte man den Menschen begegnen und dementsprechend individuell sollte die Ermutigung und Unterstützung zum Springen sein.
2. Wer über den Schatten springt, bereichert sich und sein Leben
Hadern und Zaudern, Vorsicht und Skepsis gehören zum Leben jedes Menschen dazu. Dies hören viele Personen nicht gerne, aber es ist so. Heute sind diese Eigenschaften unser Bremspedal in Turbo-Zeiten stetiger Veränderungen und steigender Erwartungen. Sie schützen uns selbst und andere Menschen, wenn wir sie behutsam und bewusst einsetzen und wenn wir verstehen, wie sie uns unterstützen, Neues zu entdecken und Ungewohntes zu tun.
Dann erleben wir einen Sprung über den persönlichen Schatten als glücklichen Moment und als Bereicherung für unser Leben. Im Privaten. Im Beruflichen.
3. Mit jedem Sprung eröffnen sich neue Perspektiven und Möglichkeiten
Jeder Schatten ist unmittelbar mit der Person verbunden, die ihn wirft. Der Schatten ist immer da, wenn sie im Licht steht, im Licht der Öffentlichkeit, im Licht der Kunden, Geschäftspartner und Kollegen.
Der Schatten gehört zu ihr und es ist die Person, die über den Schatten springen muss. Kein anderer kann das für sie übernehmen.
In meiner Arbeit geht es darum, Verantwortung für die persönliche Entwicklung zu übernehmen. Das, wonach die meisten Menschen suchen, liegt außerhalb dessen, was sie bisher gedacht haben. Der Schatten steht für die Potenziale, die bei jedem Menschen bereits angelegt sind und nur noch entdeckt und erschlossen werden müssen.
Meine Trilogie lautet deshalb:
Erkenne Deinen Schatten
Er gehört zu Dir. Nur Du kannst ihn überspringen. Damit übernimmst Du Verantwortung für Dich, Deine Kunden, Dein Geschäft.
Entdecke Deinen Schatten
Das, was Dich ausmacht und wonach Du suchst, liegt oft außerhalb dessen, was Du bisher gedacht hast. Der Schatten zeigt Dir Dein Potenzial, das in Dir schlummert.
Nutze Deinen Schatten
Einmal gesprungen, öffnen sich für Dich ganz neue Perspektiven und Möglichkeiten.